Warum man seinen Vorgesetzten nicht lieben, sondern managen muss
Führungskräfte bekommen allerhand Tipps und werden mit illustrer Literatur, unzähligen Ratgebern eingedeckt. In erster Linie geht es dabei um die Kommunikation, den Umgang mit Menschen und die Führung eines Teams. Die Frage allerdings, wie man als Führungskraft mit dem eigenen Vorgesetzten umgehen soll, wird in der Regel ausgeklammert. Hier kommen die fünf besten Tipps für das mittlere Management, um in der so genannten Sandwich-Position nicht zerquetscht zu werden.
Das erwartet Dich:
Ob Teamleiter oder Bereichschefin: Wer träumt als einfacher Angestellter nicht ab und zu davon, zu einer vorgesetzten Person befördert zu werden? Im ersten Moment obsiegt das gute Gefühl, einen Schritt auf der Karriereleiter weiter gekommen zu sein. Oft ist das eine Anerkennung für einen unter Umständen jahrelangen Einsatz.
Nach oben streben, nach unten treten: Dieser jahrhundertealte Verhaltensmechanismus steht dann auch heute noch hoch im Kurs. Entgegen allen Erkenntnissen und anders lautenden Beteuerungen wird er im modernen Business nach wie vor gerne und erfolgreich praktiziert. Besonders häufig ist er im mittleren Management anzutreffen. Für viele in der so genannten Sandwich-Position scheint es der einfachste Weg zu sein, seinen eigenen Aufstieg in der Hierarchie voranzutreiben. Dem Vorgesetzten wird gehuldigt, während die unterstellten Mitarbeiter oft missachtet und entsprechend schlecht geführt werden. Obwohl es auch das Gegenteil gibt: man fühlt sich dem eigenen Team so nahe, dass man dort recht großzügig ist und bekämpft dann eher „das Oben“.
Der Grund liegt in beiden Fällen vor allem auch in einer gewissen Hilflosigkeit, weil sich Betroffene förmlich eingekeilt fühlen – zwischen den Erwartungen von oben genau wie von unten. Sie empfinden ihre eigene Position wie die Füllung eines Burgers: das eingeklemmte Gehackte. Dabei bietet gerade die Sandwich-Position große Entfaltungsmöglichkeiten in beide Richtungen. Doch aufgepasst: Chef bleibt Chef! An dieser Tatsache kommt keiner vorbei. Wird sie akzeptiert, kann es für beide Seiten sehr lohnend sein, seinen Vorgesetzten zu managen und von unten zu führen – nicht zu verwechseln mit manipulieren.
So gelingt Führung von unten
Bei der Führung von unten geht es um die gezielte, transparente Einflussnahme von Mitarbeitern auf das Denken und Handeln von Vorgesetzten, um die Zielsetzungen unter Berücksichtigung auch der Mitarbeiter-Interessen im Business zu erreichen. Es geht also um Situationen, in denen keine Möglichkeit per Macht oder Weisungsbefugnis besteht, etwas in eine bestimmte Richtung zu lenken. Insofern ist die Frage, wie Fachwissen, gute Ideen und neue Denkansätze durch „Führung von unten“ eine hohe Akzeptanz schaffen und wie es gelingen kann, den Nutzen für das Gegenüber bzw. den Höhergestellten in den Vordergrund zu rücken.
Die meisten Führungskräfte haben selbst einen Vorgesetzten. Obwohl sie Chef eines Teams, eines Büros, einer Abteilung, eines Werks oder einer Sparte im Unternehmen sind, haben auch sie in der Hierarchie einen ranghöheren Chef über sich. Selbst der Vorstandsvorsitzende eines großen Konzerns ist dem Aufsichtsrat gegenüber verantwortlich. Auf dieser Struktur der klaren Definierung von Hierarchien und Führungsschichten in Unternehmen beruht die klassische Managementausbildung.
Beziehungen nach oben brauchen andere Qualitäten
Gedacht wird von oben nach unten. Der ideale Vorgesetzte soll unter anderem seine Mitarbeiter befähigen, zu Höchstleistungen anspornen und ihnen ein positives Vorbild sein. Die Frage, wie man aber als Führungskraft mit dem eigenen Vorgesetzten umgehen soll, wird dabei ausgeklammert. In der Praxis kommt es dann genau an diesem Punkt oft zu Schwierigkeiten. Während die Führung der Mitarbeiter notfalls auch per Weisung nach unten durchgesetzt werden kann, erfordert die Beziehung nach oben völlig andere Qualitäten. Um auf Dauer erfolgreich zu sein, hängt von einer guten Arbeitsbeziehung zum Vorgesetzten mindestens genauso viel ab, wie von den Resultaten des selbst geführten Verantwortungsbereichs.
Wer seinen Chef nicht erdulden will, der muss ihn managen! Nicht selten wechseln (hoch) motivierte Mitarbeiter frustriert die Stelle, weil sie mit ihrem Vorgesetzten nicht klarkommen. Und gelangen dabei womöglich vom Regen in die Traufe. Denn auch bei der neuen Position gibt es einen Vorgesetzten. Einen anderen zwar, aber nicht unbedingt einen (für sie) besseren. Auch der neue Chef hat Ecken und Kanten, die der Mitarbeiter nicht ignorieren kann, sondern akzeptieren muss. Besser als den idealen Chef zu suchen ist es, sich mit seinem (unvollkommenen) Chef auseinander zu setzen:
- Was für ein Mensch ist er?
- Welche speziellen Eigenarten pflegt er?
- Favorisiert er Details oder Zusammenfassungen?
- Wünscht er Zwischenberichte oder Endergebnisse?
- Hört er gerne zu oder redet er lieber selbst?
- Liest er gerne E-Mails oder telefoniert er lieber?
- Bevorzugt er wenige längere oder mehrere kurze Besprechungen?
- Was bedeuten ihm zwischenmenschliche Beziehungen und Gesprächsthemen?
Tipps
Nur wer weiß, wie der andere tickt, kann sich darauf einstellen und damit Reibungspunkte umgehen. Um konstruktiv mit seinem Vorgesetzten zusammen zu arbeiten, muss man ihn nicht lieben, sondern lediglich managen. Einfache Vorgehensweisen helfen, den Chef positiv zu beeinflussen. Hier die fünf besten Tipps:
- Chefs brauchen Erfolge! Wer seinem Vorgesetzten dazu verhilft, wird geschätzt. Es lohnt sich also herauszufinden, wo die Stärken des Chefs liegen. Denn damit – und nicht mit seinen vorhandenen Schwächen – werden Erfolge erzielt.
- Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete. Zeitmangel kennzeichnet die Situation vieler Vorgesetzter. Umso wichtiger ist es, Zeit nicht zu vergeuden. Nur gut vorbereitet lassen sich effektive Gespräche führen.
- Bloß keine Überraschungen! Taucht ein Problem auf, muss der Chef sofort informiert werden. Lieferanten, die nicht spuren oder Kunden, die nicht zahlen – der Vorgesetzte sollte es frühzeitig erfahren, damit er entscheiden kann, ob er eingreifen muss oder nicht.
- Vorgesetzte sind keine Hellseher. Sie sind auf die Informationen ihrer Mitarbeiter angewiesen und diese haben die Pflicht, sie zu erbringen. Das gilt sowohl für sachliche Zusammenhänge als auch für persönliche Belange, die das Arbeitsverhältnis beeinflussen. Selbst im Zeitalter der Kommunikation ist dies nicht immer selbstverständlich. Zwar wird eine Flut an Informationen hin und her geschickt, aber nicht unbedingt ein Kreislauf geschlossen. Wichtig ist ein regelmäßiges Feedback an den Vorgesetzten. So wird der aktuelle Stand laufender Arbeiten oder Projekte für alle Beteiligten sichtbar.
- Fachkompetenz und Lösungskreativität beeindrucken auch den beharrlichsten Chef. Selbst wenn Vorgesetzte vehement über die Notwendigkeit von Veränderungen sprechen: Viele Chefs beharren eigentümlich stur darauf, dass alles so bleibt, wie es ist. Dann liegt es an den Mitarbeitern: raus aus der Rolle des Ausführenden, rein in die Rolle des Mitdenkenden.
Zum Autor
Stefan Häseli ist Experte für glaubwürdige Kommunikation, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Als ausgebildeter Schauspieler mit jahrelanger Bühnenerfahrung schreibt er ganze Abendprogramme selbst. Dazu kommen Engagements in Kinofilmen, TV-Serien, TV-Werbespots und Schulungsfilmen. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Häseli ist mehrfach international ausgezeichneter Redner und Trainer. Die Kommunikation in ihren unterschiedlichen Welten und die Details in der Sprache faszinieren ihn und prägten seinen beruflichen Werdegang. Er begeistert in seinen Fachartikeln und Kolumnen mit feinsinnigem Humor.
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