Wohin führen uns Gender, Emanzipation und Gleichberechtigung? Verweichlichen sie unsere Männer, die sich mittlerweile nicht mal mehr trauen zu atmen.
Männliches Verhalten ist out! Männer sollen einfühlsam, verständnisvoll und aufgeschlossen sein. Gleichzeitig sollen Frauen lernen, sich im Beruf mit männlichen Methoden erfolgreich durchzusetzen. Doch diese Annäherung ist nicht gesund, meinen Psychologen.
Ein historischer Vergleich
Seit dem 16. Jahrhundert sollte der Mann tüchtig, tapfer, beständig und ehrbar sein. Als Beschützer der Familie galt er bis zur Hälfte des 20. Jahrhunderts als Oberhaupt, Patron und Bestimmer.
Noch in den 50er und 60er Jahren war alles ganz einfach. Der Mann ging Geld verdienen und die Frau war in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter gefordert und glücklich. Niemand hinterfragte das. In den 70ern änderte sich dieses Selbstverständnis. Frauen wollten auch Geld verdienen. Zusätzlich organisierten sie den Haushalt und erzogen ihre Kinder – allein. Den Männern dieser Generation ging es ziemlich gut. Sie konnten in aller Ruhe egoistisch sein. So gingen sie ihren Interessen nach und niemand beschwerte sich.
Heute müssen Männer im Vergleich dazu viel sozialer und familienorientierter denken. Sie verdienen gemeinsam mit der Partnerin den Unterhalt der Familie. Kommen sie aber nach Hause, ist kein Feierabend, sondern Mithelfen angesagt. Aus Sicht der Frauen ist das gerecht. Schließlich erwarten sie Unterstützung und entsprechendes Recht für alle. Vergleichen sich die heutigen Männer aber mit ihren Vätern, stehen sie eindeutig als Verlierer da. Das sorgt für Unmut und nicht selten ernten sie zu allem Überfluss auch noch so manch verächtlichen oder mitleidigen Blick ihres Vaters.
Sind Männer Opfer?
Laut statistischem Bundesamt begehen jedes Jahr vier Mal mehr Jungen und Männer bis 25 Jahre Suizid als gleichaltrige Mädchen und Frauen. Versagensängste, Enttäuschungen und unterdrückte Gefühle sind dabei die Hauptgründe. Stellen wir alle zu viele Ansprüche an unsere Männer? Oder sie selbst an sich? Kleinen Jungen wird schon eingebläut: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ oder „Ein großer Junge weint doch nicht“. Warum aber dürfen Frauen weinen? Wie kann ein Mann sensibel sein, ohne als „Jammerlappen“, „Feig-“ und „Schwächling“ dazustehen?
Oft fühlen sich Frauen zu dominanten Männertypen hingezogen. Haben sie diese dann an der Angel, beginnen sie mit dem Umerziehen. Hat sich der arme Kerl dann zum Schoßhündchen entwickelt, verlieren sie jegliches Interesse an dem „Weichei“. Was also sollen Männer tun? Sie sind auf jeden Fall gut beraten, sich nicht alles gefallen zu lassen.
Das Männerbild in den Medien
Nicht nur aus Filmen wie Titanic kennt jeder die klare Anweisung „Frauen und Kinder zuerst“. „Warum?“ fragen kleine Jungen ihre Eltern zurecht. Auch in den Nachrichten werden männliche Opfer gern ignoriert, nicht selten sind sie als Mörder, Perverse oder Rabenväter Thema. Nach dem Motto bad news are good news taucht das negative Bild in über 80 Prozent der Fälle auf. In Werbesendungen stehen Männer etwa in der Erziehung gern mal als Dilettanten da, was sie ganz klar diskriminiert und abwertet. Jungen erscheinen nur dann positiv, wenn sie ihre „weibliche Seite“ zeigen. Haben Männer überhaupt eine Lobby?
In den Medien und der Werbung dominieren laut Genderforscher heute vier unterschiedliche Männerbilder, zwei dominante und zwei nicht-dominante.
Dominante Männerbilder:
- Traditioneller Mann: das tapfere, tüchtige und ehrbare Oberhaupt der Familie
- Neo-maskuliner Mann: Diesem Männerbild entsprechen „harte Kerle“, die oft in typischer Männer-Umgebung – an der Bar, beim Grillen oder mit Autos – auftauchen.
Nicht dominante Männerbilder:
- Care-Typ: der fürsorgliche Familienvater
- Der neue junge Mann: attraktiv und selbstbewusst, aber beziehungsorientiert
Kein Wunder also, dass Männer heutzutage orientierungslos umherirren. Die ihnen angebotenen Bilder, wie sie sein könnten, widersprechen sich stark. Die Einordnung fällt schwer. Auch in den sozialen Medien dominieren – Analysen zufolge – bei der männlichen Selbstdarstellung die Eigenschaften Stärke, Macht, Dominanz und Distanziertheit. Aber wann ist der Mann ein Mann?
Entscheidet die Erziehung?
Heute ist es selbstverständlich, dass auch Jungen im Haushalt mithelfen. Der von unseren Großmüttern praktizierte Welpenschutz für die Buben gilt nicht oder kaum mehr. Mütter fordern Gleichberechtigung, anders als sie selbst erzogen wurden. Aber wohin führt uns eine geschlechterneutrale Erziehung und Sozialisation? Ursprünglich wurde die geschlechtersensible Pädagogik eingeführt, um Mädchen zu fördern. Wer denkt nun an unsere Jungen? Eine Erziehung konsequent orientiert an Fähigkeiten wäre ein Ansatz.
Wenn sich die Rollen der Männer und Frauen nicht mehr unterscheiden, leidet – Psychologen zufolge – die Zufriedenheit. Grundsätzlich aber scheint die Geschlechtsidentität mit der neuen Unterteilung m/w/d aus der Mode zu kommen. Wenn alle alles können sollen, wo bleibt da die Aufgabenteilung? Und sind es nicht gerade die kleinen Schwächen der Männer, über die Frauen so gerne lachen – und umgekehrt? Sollte es nicht draufgängerische Väter geben, die von übervorsichtigen Müttern gebremst werden können? Gerade diese Gegensätze machen doch den Reiz des Lebens aus. Sie prägen uns. Daher brauchen beide Seiten genügend Freiraum sich selbst zu finden. Die Konzentration auf die Gleichberechtigung der Frauen sollte die Männer nicht aus dem Blick verlieren. Geschlechter sind unterschiedlich und das ist auch gut so!
Quellen:
Thomas Hertling: Jungen und Männer heute. Die erschwerte männliche Sozialisation in der modernen Gesellschaft und ihre Folgen. LIT Verlag Münster, 2008
Oh Mann! – Adam Soboczynski, https://www.zeit.de/2016/05/maennlichkeit-maenner-beschuetzer-gender-gleichberechtigung letzter Zugriff: 08.05.2019
Weicheier in Frauenhand – Wolfgang Bok, https://www.cicero.de/stil/geschlechterdebatte-weicheier-frauenhand/56604, letzter Zugriff: 08.05.2019
Männer in den Medien: Drei Forderungen an Journalisten, die ihre Verantwortung ernst nehmen – Arne Hoffmann, https://www.cuncti.net/geschlechterdebatte/869-maenner-in-den-medien-drei-forderungen-an-journalisten-die-ihre-verantwortung-ernst-nehmen, letzter Zugriff: 08.05.2019
Mediale Frauen und Männerbilder, https://www.klicksafe.de/themen/medienethik/mediale-frauen-und-maennerbilder/, letzter Zugriff: 09.05.2019
Ich Mann, du Frau – traditionelle Geschlechterrollen von der Steinzeit bis heute – Maximilian Reichlin, https://uni.de/redaktion/ich-mann-du-frau-traditionelle-geschlechterrollen, letzter Zugriff: 13.05.2019